Ehrenverfahren

Zum Schutz des Ansehens des gesamten Berufsstands kann die Hamburgische Architektenkammer Verstöße eines Mitglieds gegen Berufspflichten in einem Ehrenverfahren ahnden.

1. Allgemeines zu den Berufspflichten

Alle Mitglieder der Hamburgischen Architektenkammer (HAK), alle sog. auswärtigen Architekten (§ 9 Hamburgisches Architektengesetz (HmbArchtG)), alle in das Gesellschaftsverzeichnis der Hamburgischen Architektenkammer eingetragenen Gesellschaften, alle sogenannten auswärtigen Architektengesellschaften und alle sogenannten außerordentlichen Mitglieder (§ 13 HmbArchtG) unterliegen besonderen gesetzlichen berufsspezifischen Pflichten, vgl. § 19 HmbArchtG. Sie haben ihren Beruf gewissenhaft und unter Beachtung des Rechts auszuüben und alles zu unterlassen, was dem Berufsstand schaden könnte: Sie müssen dem ihnen im Zusammenhang mit ihrem Beruf entgegengebrachten Vertrauen entsprechen. Diese allgemeine Wohlverhaltenspflicht wird flankiert von elf expliziten Berufspflichten (ein Beispiel: das Vorhalten  einer angemessene Berufshaftpflichtversicherung). Auch außerhalb ihres Berufes müssen sie sich so verhalten, dass das Ansehen des Berufs keinen schweren Schaden nimmt. 

Schuldhafte Verletzungen dieser Berufspflichten werden in einem förmlichen Ehrenverfahren vor dem Ehrenausschuss geahndet.

2. Beteiligte am Ehrenverfahren

Dem Ehrenausschuss gehören ein*e Vorsitzende*r mit Befähigung zum Richteramt und sechs Beisitzer*innen, die Mitglieder der HAK sind, an. Für Jedes Mitglied gibt es eine Stellvertretung. Sitzungen des Ausschusses finden mit einer*m Vorsitzenden und zwei Beisitzer*innen statt, wobei mindestens ein*e Beisitzer*in derselben Fachrichtung (zum Beispiel Innenarchitektur) und Beschäftigungsart (zum Beispiel freischaffend) der*des Betroffenen mitwirken muss.

Die oder der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens einer oder eines bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwältin oder Rechtsanwalts, einer Rechtslehrerin oder eines Rechtslehrers an einer deutschen Hochschule oder einer oder eines Angehörigen ihrer oder seiner Berufsgruppe auf eigene Kosten als Verteidigerin oder Verteidiger bedienen. Der Ehrenausschuss kann auch andere geeignete Personen als Verteidigerin oder Verteidiger zulassen.

3. Ablauf des Ehrenverfahrens

Kurz skizziert stellen sich Einleitung und Ablauf eines Ehrenverfahrens typischerweise wie folgt dar:

1. Gesuch einer außenstehenden Person (zum Beispiel Bauherrin) an den Vorstand, dieser möge einen Antrag auf Einleitung eines Ehrenverfahrens stellen

2. Antrag auf Einleitung eines Ehrenverfahrens

  • durch den Vorstand oder
  • durch die betroffene Person bzw. Gesellschaft selbst, die im Verdacht steht, eine Berufspflichtverletzung begangen zu haben

3. Untersuchung durch die oder den Vorsitzenden, ob der Sachverhalt ausreichend geklärt ist; ggf. Beauftragung des Vorstands mit weiterer Klärung des Sachverhalts

4. Berufung der Beisitzer*innen durch die*den Vorsitzenden; Beschluss über die Eröffnung; Mitteilung an die*den Beschuldigte*n, die Beisitzer*innen und den Vorstand

5. Terminierung der nichtöffentlichen mündlichen Verhandlung durch die*den Vorsitzenden, Ladung der*des Beschuldigten, ggf. seiner Verteidigerin oder seines Verteidigers, der Beisitzer*innen, der präsidentin oder des Präsidenten, ggf. der Zeug*innen und Sachverständigen durch die*den Vorsitzenden

6. Mündliche Verhandlung: Vortrag des Akteninhalts durch die*den Vorsitzenden, Anhörung der*des Beschuldigten, ggf. Anhörung von Zeug*innen und Sachverständigen, Worterteilung an ggf. Verteidiger*in und Vorstand; letztes Wort der*des Beschuldigten

7. Verkündung der Entscheidung: Verlesung der schriftlichen Entscheidungsformel; Zustellung der Entscheidung an die*den Beschuldigten, ggf. die*den Verteidiger*in und den Vorstand

4. Maßnahmen im Ehrenverfahren

Der Ehrenausschuss kann Berufspflichtverletzungen mit einer Verwarnung, einem Verweis, einer Geldbuße bis zu 15.000 Euro (bei einer Gesellschaft bis zu 30.000 Euro), einer Aberkennung der Mitgliedschaft in Organen und Ausschüssen der Kammer, einer Aberkennung des Wahlrechts und der Wählbarkeit zu diesen Organen und Ausschüssen bis zur Dauer von fünf Jahren oder mit der Löschung der Eintragung in der Architekten- oder Stadtplanerliste bzw. im Gesellschaftsverzeichnis ahnden, vgl. § 22 HmbArchtG

5. Ausschlüsse und Aussetzen des Verfahrens 

Politische, wissenschaftliche und künstlerische oder religiöse Ansichten und Handlungen können nicht Gegenstand eines Ehrenverfahrens sein. Ein Ehrenverfahren ist nicht möglich bei Personen, die dem öffentlichen Dienst angehören, hinsichtlich ihrer dienstlichen Tätigkeit und bei Personen, soweit sie als Beliehene öffentliche Aufgaben wahrnehmen.

Sollte wegen desselben Sachverhalts die öffentliche Klage in einem Strafverfahren erhoben werden, ist das Ehrenverfahren auszusetzen. Bei einem parallelen straf-, zivil- oder verwaltungsrechtlichen Verfahren kann das Ehrenverfahren ausgesetzt werden.

6. Mitarbeit im Ehrenausschuss

Mitglieder der HAK können als Besitzer*innen im Ehrenausschuss mitwirken. Dazu müssen sie von der Kammerversammlung, die regelmäßig im November eines jeden Jahres zusammenkommt, gewählt werden. Anstehende Wahlen und die Möglichkeit der Kandidatur werden spätestens drei Monate vor der Wahl allen Mitgliedern schriftlich mitgeteilt. Die Amtsdauer der Ehrenausschussmitglieder beträgt gemäß § 10 der Satzung der Hamburgischen Architektenkammer vier Jahre. Wenn Sie als Mitglied der Hamburgischen Architektenkammer im Ehrenausschuss mitwirken möchten, können Sie sich zur Wahl vorschlagen lassen.

7. Rechtliche Grundlagen und Kosten 

Das Ehrenverfahren hat seine gesetzliche Grundlage in §§ 20 ff. HmbArchtG. Detaillierte Informationen zum Ablauf des Ehrenverfahrens beinhaltet die Ehrenordnung der Hamburgischen Architektenkammer. Die Kosten des Ehrenverfahrens richten sich nach § 7 Kostenordnung der Hamburgischen Architektenkammer.